Gottfried von Purucker – Eine Lebensskizze

Die Theosophische Gesellschaft wurde im Jahre 1875 von Helena Petrowna Blavatsky und anderen gegründet. Ihr Nachfolger wurde 1891 der Mitbegründer William Quan Judge, der im Jahre 1896 Katherine Tingley zu seiner Nachfolgerin ernannte.

Hobart Lorentz Gottfried von Purucker (15.01.1874–27.09.1942) übernahm am 11. Juli 1929 als Präsident der Theosophischen Gesellschaft, Hauptstelle Point Loma (später Covina), Kalifornien, die Nachfolge von Katherine Tingley. Seine Wiege stand in Suffern, Rockland County, N. Y. Er war eines von sieben Kindern. Väterlicherseits entstammte er einer alten süddeutschen Adelsfamilie, während der Stammbaum der Mutter auf William Brewster, einen der „Pilgerväter“, die 1620 auf der berühmten „Mayflower“ nach Amerika gekommen waren, zurückführt.

Die ersten Grundlagen seiner Bildung erhielt Gottfried von Purucker in Genf, wo sein Vater mehrere Jahre Geistlicher der amerikanischen und der anglikanischen Gemeinde war. Auch er war für den geistlichen Stand bestimmt; bereits als Knabe zeigte er eine große Vorliebe und Begabung für die Originalsprachen der Bibel. Als Vierzehnjähriger brachte er seinem Vater eine Übersetzung des gesamten Neuen Testaments aus dem Griechischen ins Englische als Weihnachtsgabe, und als er siebzehn Jahre alt war, legte er ihm eine Übersetzung der Genesis aus dem Althebräischen auf den Geburtstagstisch.

Eine Übersetzung aus den Upanishaden erweckte in dem jungen Mann das Verlangen, die indische Philosophie in ihrer Ursprache kennenzulernen. So widmete er sich unter verschiedenen Lehrern dem Studium des Sanskrit und zählte bald zu den besten Kennern dieser schwierigen Sprache und erlangte internationalen Ruf. Sanskrit ist die älteste noch gebräuchliche Gelehrtensprache. Sie erfordert ein äußerst intensives Studium, sodass es tatsächlich nur wenige kompetente Sanskritgelehrte gibt. 1919 wurde ihm der Lehrstuhl für Sanskrit an der von Katherine Tingley gegründeten Universität in Point Loma angeboten. Neben Griechisch, Hebräisch und Sanskrit beherrschte er außerdem Lateinisch, Neuhebräisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch und aufgrund seiner Abstammung und seiner in Genf verbrachten Kindheit auch die Sprachen Französisch, Englisch und Deutsch.

Diese außergewöhnlichen Sprachkenntnisse ermöglichten ihm ein umfassendes Studium der alten Philosophien und Religionen in ihren Originalsprachen. Sie versetzten ihn in die Lage, Übersetzungsfehler sowie falsche Interpretationen mithilfe der Urtexte richtigzustellen. Viele zu reinen Dogmen erstarrte Glaubenssätze befreite er von degenerativer Ummantelung, wodurch sie ihre ursprüngliche Aussagekraft zurückerhielten.

Entscheidend für den weiteren Weg seines Lebens war ein kleines Büchlein über Theosophie. Er fand bei dessen Lektüre, dass darin Töne angeschlagen wurden, die schon längst in seinem Innern klangen. So wandte er sich von der Theologie zur Theosophie. Hierüber sagte er: „Ich erkannte hohes Denken. Ich fühlte, dass in diesem Buche mehr war als nur die Erkenntnis eines Agnostikers. Meine langjährigen Studien und meine Lektüre der Weltliteratur – besonders der Literatur des Altertums hatten mich gelehrt, die Wahrheit der Alten wiederzuerkennen, wo immer ich sie sah. Ich wurde gefesselt von etwas, das ich in meinem Herzen immer gewusst hatte, das immer in mir gelebt hatte und mir sagte, dass eine Vereinigung, Gefährtenschaft, Gesellschaft, Verbindung von edlen Weisen und großen Sehern oder von ‚Weisen Männern des Ostens‘, wie sie in diesem Buch genannt wurden, von jeher bestanden hat und noch besteht.“

In die Theosophische Gesellschaft trat Gottfried von Purucker 1893 unter Katherine Tingleys Vorgänger William Quan Judge ein.

Gottfried von Purucker ist nicht nur den Theosophen in aller Welt bekannt. 1897/98 machte er ausgedehnte Reisen in Südamerika. In den Jahren 1903/04 begleitete er Katherine Tingley auf einer Vortragsreise um die Welt. Die Reiseroute schloss Ägypten ein und berührte auch viele andere orientalische Länder. Weitere Stationen waren Singapur, Hongkong, Kobe, Yokohama, Tokio, Honolulu, San Francisco. Außerdem begleitete er Katherine Tingley in den Jahren 1908, 1912 und 1926 auf ihren Europareisen. 1931 und 1937 führten ihn seine Vortragsreisen durch die USA, England, Wales, Holland, Deutschland, Schweden, Finnland, die Schweiz und Kanada. 1936 unternahm er wieder eine Europareise. Er gewann das vollständige Vertrauen und die begeisterte Unterstützung der Mitglieder in der ganzen Welt. Seine Gelehrtheit verschaffte ihm Hochachtung, und sein tiefes Verstehen der universalen Zusammenhänge sowie sein hoher moralischer Charakter zogen ihm die Zuneigung aller zu, die ihn kannten, sowie derer, die durch das Studium seiner Schriften in innerer Verbindung zu ihm stehen.

Im Jahre 1942 verlegte Gottfried von Purucker das Hauptquartier der Theosophischen Gesellschaft von Point Loma nach Covina, Kalifornien, wo am 12. Juli die erste öffentliche Versammlung stattfand.

Sieben Tage vor seinem Heimgang sagte Gottfried von Purucker bei einer öffentlichen Versammlung am 20. September 1942:

„Aham Asmi Parabrahman“ – „Consummatum est“
ES IST VOLLBRACHT

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